350 Jahre Kloster Mariaburg Näfels – Rückblick mit Weitblick

Unser Kloster ist die Welt

Mit einer festlichen Eucharistiefeier, der Klostersuppe zum Antoniustag, einem hochkarätig besetzten Symposium und einem geselligen Apéro hat Näfels das 350-jährige Bestehen des Klosters Mariaburg gefeiert. Der Tag vereinte spirituelle Tiefe, historische Würdigung und aktuelle Perspektiven – ganz im Zeichen eines lebendigen klösterlichen Erbes.

 

 

Feierliche Eucharistie und Klostersuppe zum Antoniustag

 

nee. Den Auftakt bildete eine feierliche Eucharistiefeier in der Klosterkirche, bevor im Anschluss zur traditionellen Klostersuppe auf der Klosterterrasse geladen wurde: ein schlichtes, aber ausdrucksstarkes Zeichen der franziskanischen Gastfreundschaft.

 

 

 

Ein Symposium mit wegweisenden Stimmen

 

Das anschliessende Symposium brachte vier Persönlichkeiten zusammen, die aus verschiedenen Blickwinkeln Impulse zur Zukunft des klösterlichen Lebens gaben.

 

So berichtete P. Fritz Wenigwieser OFM, Provinzialminister der Franziskanerprovinz Austria berichtete eindrucksvoll von der Öffnung des vormals geschlossenen Klosters in Pupping. Seine Erfahrung: „Bei uns ist keine Tür verschlossen.“ Gäste, Bedürftige und Sinnsuchende sind eingeladen zum Mitbeten und Mitarbeiten – Achtsamkeit und praktische Hilfe gehen Hand in Hand.

 

Bruder Christoph Maria Hörtner OFM, Kustos der schweizerischen Franziskanergemeinschaft betonte, dass Klöster nie bloß Rückzugsorte waren. Vielmehr seien sie immer auch Orte der Spiritualität, des Dialogs und der gelebten Nächstenliebe. In einer globalisierten, oft zerrissenen Welt sei es Auftrag der Orden, mitten unter den Menschen zu sein.

 

Dr. phil. Christian Schweizer, ehemaliger Provinzarchivar der Schweizer Kapuziner, ordnete die Rolle von Klöstern historisch und gesellschaftlich ein und zeigte auf, wie Klöster immer soziale, politische und spirituelle Verantwortung übernommen haben.

 

Martin Iten, Leiter von Fisherman.FM, einem innovativen Medienprojekt, berichtete vom ehemaligen Kloster Maria Opferung in Zug, das sich zu einem vielfältigen Ort des Glaubens und Engagements gewandelt hat.

 

 

 

Reichhaltiger Apéro im Kloster

 

Den Abschluss des Gedenktages bildete ein reichhaltiger Apéro im Kloster, bei dem Gäste, Referenten und Mitglieder der Gemeinschaft ins Gespräch kamen. Es wurde diskutiert, gelacht, erinnert – und nach vorne geschaut.

 

Der Gedenktag zum 350-jährigen Bestehen des Klosters Mariaburg hat gezeigt: Klöster können auch heute noch Orientierung geben – als spirituelle Orte, als Räume des Dialogs, als Anker in einer oft unruhigen Welt. In Näfels wurde diese Botschaft eindrucksvoll sichtbar.

 

Artikel in der Südostschweiz vom 06.06.2025

Das Kloster Näfels: Vom Schrecken der Reformierten zum Ort der Stille

Heute ist es ein Ort des Dialogs, der einst aber als Provokation empfunden wurde: Das Kloster Mariaburg in Näfels steht seit 350 Jahren für Wandel, Widerstand – und Versöhnung.

von Julia Rhyner-Leisinger

 

Wer Näfels besucht, dem fällt das Kloster Mariaburg auf dem Hügel sofort ins Auge. Seit 350 Jahren prägt dieses Bauwerk das Ortsbild und ist Schauplatz von Geschichten, die bis heute nachhallen – von mutigen Gründern, misstrauischen Nachbarn, strengen Lehrern und offenen Türen.

 

Die Gründung des Klosters war alles andere als selbstverständlich. Als 1674 die katholische Minderheit im reformierten Glarus den Bau eines Kapuzinerklosters anstrebte, war die Skepsis gross. Der reformierte Landesteil fürchtete einen Affront und befürchtete, das Kloster könnte als Zentrum für Rekatholisierungsversuche dienen. Der reformierte Pfarrer von Mollis fürchtete gar, das Kloster werde zum katholischen Zeughaus und befestigte vorsichtshalber sein eigenes Pfarrhaus

 

Die Baustelle wurde sicherheitshalber bewacht, damit es zu keinen Übergriffen kam. Die Bauarbeiten begannen dennoch – unter der Bedingung, dass das Kloster keine Missionsversuche unternehmen würde. Die Kapuziner hielten sich an diese Auflage. Im Laufe der Jahre wandelte sich das einst umstrittene Bauwerk zu einem Ort des Miteinanders. Sogar reformierte Glarner sprachen bald von «ihrem Kloster».

 

 

Ein Zeitdokument: Das Kloster Mariaburg prangt hier auf einem Stich von Karl Rudolf Weibel-Comtesse aus dem Jahr 1838. Pressebild

 

 

 

«Gleicht mehr einer Festung als einem Kloster»

 

Schon 1679 staunten Besucher: «Das Capuziner Closter gleicht mehr einer Vestung als einem Closter.» Die mächtigen Stützmauern erinnern bis heute an die mittelalterliche Burg, auf der ab dem 13. Jahrhundert Adelige und später die Habsburger residierten. Nach der Zerstörung der Burg im Glarner Freiheitskampf von 1352 wurden ihre Steine später für das Kloster verwendet.

 

Der Name «Mariaburg» – abgeleitet von «Castrum Mariae» – war früh geläufig. Die Glarner Katholiken setzten damit ein sichtbares Zeichen: Hier sollte ein Ort der Beständigkeit entstehen, der auch in stürmischen Zeiten Schutz bietet.

 

 

Casino-Verein fordert Klosterschliessung

 

Doch auch lange nach der Gründung blieb das Kloster nicht von Konflikten verschont. Besonders dramatisch wurde es im Jahr 1874: Der liberale Casino-Verein Schwanden, angeführt von Nationalrat Niklaus Tschudi, forderte die Schliessung des Kapuzinerklosters – wie es in anderen Kantonen bereits geschehen war.

 

Die Debatte im Landrat wurde hitzig, die Fronten waren verhärtet. Erst der reformierte Landammann und spätere Bundespräsident Joachim Heer konnte mit versöhnlichen Worten die Bedeutung der religiösen Vielfalt im Glarnerland vermitteln und überzeugte die Mehrheit, das Kloster zu erhalten. Zum Dank für seinen Einsatz hängt sein Porträt bis heute im Speisesaal – als Symbol für Toleranz und das friedliche Miteinander, das Mariaburg bis heute auszeichnet.

 

Der spätere Bundesrat Joachim Heer rettet das Kloster Näfels vor der Zwangsschliessung. Bild: ETH-Bildarchiv

 

 

 

Die Klosterschule

 

1831 gründeten die Kapuziner eine Lateinschule, die sich bald zu einer regional bedeutenden und beliebten Sekundarschule entwickelte. Der Unterricht fand zunächst im Kloster statt, bis 1893 ein eigenes Schulhaus gebaut wurde. Ein gedeckter Gang, von den Schülern liebevoll «Kamediwagä» genannt, verband das Kloster mit dem Schulhaus – bis ein Föhnsturm 1919 den Gang in den Schulhof schleuderte.

 

Der Erfolg der Schule und der wachsende Bedarf an Kapuziner-Lehrern führten dazu, dass das Kloster bald zu klein wurde. Nach der Renovation der Klosterkirche in den 1920er-Jahren wurde deshalb 1933 auch der Konventbau erweitert. In einem spektakulären Bauvorhaben wurde der Dachstock des Konventbaus, rund 70 Tonnen schwer, mit 36 Hebezügen um 2,60 Meter angehoben, um Platz für ein zusätzliches Stockwerk zu schaffen.

 

Die Klosterschule prägte Generationen von Schülern. Der Alltag war geprägt von Disziplin, aber auch von markanten Persönlichkeiten unter den Patres. Aus den 1970er- und 1980er-Jahren wurden Missstände und Übergriffe bekannt. Die Kapuziner baten die Betroffenen öffentlich um Verzeihung und boten Unterstützung an. Die Schule musste 1984 schliessen, weil es an Nachwuchs bei den Kapuziner-Lehrern mangelte – ein Schicksal, das viele Ordensschulen in dieser Zeit teilten.

 

 

Die Franziskaner übernehmen

 

1986 übernahmen die Franziskaner das Kloster für den symbolischen Preis von einem Schweizer Franken. Heute ist das Kloster in Näfels einer von vier Standorten des Franziskanerordens in der Schweiz. Die neun hier lebenden Brüder sind zwischen 50 und 93 Jahren alt. Sie engagieren sich in der Seelsorge, begleiten Menschen in Spitälern und Heimen und bieten das «offene Kloster» für alle an, die Ruhe suchen.

 

Gäste können sich im Kloster eine Auszeit nehmen und am Alltag der Brüder teilnehmen. Gastfreundschaft und Dialog sind zentrale Werte der Gemeinschaft. So steht in Zusammenarbeit mit der Polizei auch eine Notunterkunft für Bedürftige bereit, die gelegentlich genutzt wird. Die Atmosphäre im Kloster ist geprägt von Einfachheit, Stille und Offenheit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stimmungsvoll: Bruder Paul Zahner steht im Innenhof. Bild: Julia Rhyner-Leisinger

 

Blick hinter die Klostermauern

 

Diese besondere Stimmung wird bei einer Führung mit Bruder Paul Zahner spürbar. Er führt Interessierte durch den Brüderchor, wo die Gemeinschaft und ihre Gäste ihre Gebete verrichten, zeigt den Speisesaal sowie den Klostergarten. Die Klosterkirche beeindruckt mit schlichter Schönheit, während im Altarraum die Werke von Georg L. und Johann Michael Hunger aus Rapperswil hervorstechen.

 

Das Bild der Immaculata, gestiftet von Landeshauptmann Fridolin Freuler, ist ein besonderer Blickfang. Wer durch den Kreuzgang oder den Innenhof geht, nimmt die Ruhe und die Geschichte dieses Ortes wahr. Mariaburg bleibt ein Ort, der Menschen verbindet – damals wie heute.

 

 

Jubiläumsfeier

 

Auf Samstag, 14. Juni, lädt das Kloster Mariaburg in Näfels zu einem Gedenktag anlässlich seines 350-Jahr-Jubiläums ein. Besucherinnen und Besucher erwartet um 11 Uhr eine festliche und besinnliche Eucharistiefeier, gefolgt von einer traditionellen Klostersuppe um 12 Uhr. Am Nachmittag bietet ein Symposium mit Referaten ab 14 Uhr Einblicke in Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Klosters. (red)